Donnerstag, 23. Oktober 2008

Kritik: Der Baader Meinhof Komplex (25.09.2008)


Deutsche Geschichte
ist immer auch eine
Geschichte der Gewalt
gewesen…


Im Deutschen Herbst
fallen Patronenhülsen
wie Blätter zu Boden…



CINEtologisches Fazit:

Rudi Dutschke – Springer – RAF – München 1972 – Schleyer
Mit dieser Assoziations-Kette im Kopf ließ ich mich im Kinosessel nieder.
Vor meinen Augen lief anschließend ein Film ab, der mit der geballten deutschen Schauspielmacht aufwarten konnte:
Gut, Till Schweiger und Nora Tschirner finden sich nicht im Abspann, aber das kann ich durchaus verkraften, wenn ich da an eine offenherzige Johanna Wokalek in der Badewanne denke (erst später erfuhr ich im mobil-Magazin der Bahn, dass sie mir schon Barfuss über den Weg gelaufen war) oder eine attraktive wie ungestüme Alexandra Maria Lara mit einer AK im Ausbildungscamp für Freiheitskämpfer auf jordanischem Wüstensand denke. Und damit ist ihre Leistung vor der Kamera noch nicht einmal im Ansatz gewürdigt worden. Weiterhin bemerkenswert waren die Auftritte von Moritz Bleibtreu (wer den Blog wirklich gelesen hat, könnte ihn jetzt - so wie ich - mit Chiko in Verbindung bringen) als Eiserne Faust der RAF, Martina Gedeck (besonders auffällig durch die Betonung ihrer ohnehin vorhandenen Spracheigentümlichkeit) als publizistisches Sprachrohr, Tom Schilling (dem einen oder anderen vielleicht aus Napola im Gedächtnis geblieben) als Dutschkes biederer Todesengel und Bruno Ganz (dessen NS-Film-Vergangenheit nicht wirklich den Untergang für seine Rolle als Präsident des Bundeskriminalamtes der früheren BRD bedeutete, wobei mich einige Stimmlagen dann doch an die Bunkerdialoge erinnert haben).

An dieser Stelle offenbare ich mich:
Ich habe das Buch nicht gelesen!
Dementsprechend kann ich keine seriösen Angaben dazu machen, inwiefern die auf Film vorliegende Darstellung tatsächlich den historischen Gegebenheiten entsprechen, aber die Kritiker anderer Couleur scheinen sich zumindest darin einig, dass hier nichts geschichtlich verfälscht wurde. Es gibt eine Szene, die sich bis jetzt in meinem Kopf festgesetzt hat und die mir schon im Kinosaal den Ausdruck purer Empörung entlockt hat und mich im nächsten Schritt zu einer anderen Zeit ganz sicher zu zivilen Ungehorsam gegen den Polizeistaat der BRD im Deutschen Herbst ermuntert hätte: Schar-Loyalisten aus einer Iranschule in Berlin stürzen sich am Rande der Parade der hochrangigen iranischen Gäste mit Holzlatten, an denen kurz zuvor noch auf noch ihre Sympathiebekundungen prangten, an deutschen Polizisten vorbei (!) auf Gegendemonstranten und unschuldige Passanten. Daraufhin entstehen Not- und Paniksituationen, die die Inhaber des Gewaltmonopols mit ihren Knüppeln noch verstärken. Schlichtweg unfassbar!

Vom Kaufhausbrand bis zum Schleyer-Mord verging wohl keine Sekunde, in der ich nicht in irgendeiner Weise beeindruckt war:
Von den DarstellerInnnen, der Darstellung oder der Darstellungsweise.

Da ich keine Vorstellung habe, welche musikalische Unterlage sich besser geeignet hätte, gibt es 6 Sterne. Punkt.

Beim Duo Edel & Eichinger bedanke ich mich für den Anlass zu dieser umfangreichsten Rezension, die CINEtologie bislang gesehen hat, und drücke ihnen in aller Form meinen Respekt für ihr Werk aus, welches aus meiner Sicht natürlich das Anrecht (ja, auch vor der Welle) auf den Oscar als Best Foreign Language Film of the Year (der letzte ging 2003 nach Deutschland, damals für Nirgendwo in Afrika) hat.
Damit hat meine Prognose deutlich an Gewicht zugelegt, möchte ich behaupten ;-)

7-Sterne-Skala:

Gesamteindruck: ******
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Schauspieler: *******
Story: ******
Plot: ******
Musik: ******

1 Kommentar: